Samstag, 5. Dezember 2015

Der entstellte Blick


Als ästhetische und zugleich philosophische Form eignet sich die Anamorphose außerdem zur Vermittlung von ganz unterschiedlichen Inhalten, seien sie symbolischer, metaphysischer, religiöser, politischer, erotischer oder auch okkulter Art. In ihrer Philosophie geht es unter anderem um die Kritik an einen eingeschränkten, zentral gerichteten und starren Blick. 

"Zone" - Bleistift, Buntstift, Kreide - Galerie Farbgrafik

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Die Anamorphose in der Kunstgeschichte tritt als Überraschungsmoment auf, um den naturalistischen Anspruch parodistisch aufzudecken und die Selbstgewissheit der Betrachter zu erschüttern. Wir sind umgeben von Bildern, die wir nicht mehr verstehen, weil wir vergessen haben, von welchem Standpunkt aus sie zu betrachten sind. 

Verwundert und ratlos hocken wir vor unseren eigenen Verzerrungen und kennen uns nicht mehr aus, weil wir geneigt sind, alle Bilder gleich zu betrachten, und uns so die Wahrnehmung des richtigen Aspekts selbst verstellen.

Sie bewegt uns im buchstäblichen Sinne dazu, unsere Anschauungsweise zu ändern und darin flexibel zu sein. Allerdings erlaubt sie auch zurückzutreten und die Dinge einfach zu betrachten, sie sein zu lassen, wie sie sind, wenn ein logisches Verständnis dafür nicht möglich ist.

"Kokon", Fragment - Bleistiftzeichnung - Galerie Zeichnungen

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„ Auch bei Gottfried Wilhelm Leibnitz stößt man auf die Vorbehalte gegenüber dem menschlichen Erkenntnisvermögen und die Einsicht in die Beschränktheit des empirischen Wissens. In der Theodizee stellt er eine Analogie her zwischen dem verzerrten anamorphotischen Gemälde und dem Bild, das sich der menschliche Verstand von der Welt macht. ...

Der Eindruck der Verworrenheit der Welt täusche also und bilde sich nur im menschlichen Verstand ab, der innerhalb der Grenzen des empirischen Wissens verbleiben muss. Der anamorphotische Standpunkt liegt damit unerreichbar außerhalb der menschlichen Sphäre.“

(„Der entstellte Blick: Anamorphosen in der Kunst, Literatur und Philosophie“ von Kyung-Ho Cha und Markus Rautzenberg, Seiten 10-11)

"Allö, Allö", Fragment - Bleistift, Buntstift, Kreide - Galerie Farbgrafik

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